6. Jahrestag des Jahrhundert-Hochwassers

Den 28. Juli 2014 wird kein Münsteraner je vergessen. Sieben Stunden Unwetter haben die Stadt verändert. Zwei Menschen starben, der Schaden ging in die zig-Millionen.

© Provinzial Nord West

Am 28. Juli 2014 haben sich nach einem heißen Tag am Nachmittag gleich mehrere Unwetter zusammengebraut. Es folgte eine Flutkatastrophe, mit der niemand gerechnet hatte und die sich niemand vorstellen konnte: In 7 Stunden fielen fast 300 Liter Regen auf einen Quadratmeter, davon 220 in nur 90 Minuten. Stärker hat es bis dahin nirgendwo in Deutschland geregnet. 40 Millionen Kubikmeter Wasser kamen runter, 26 mal so viel, wie Kanäle und Wasserläufe aufnehmen können.

An dem Tag der Katastrophe war Matthias Kamps bei ANTENNE MÜNSTER auf Sendung. Hier gibt es einen Zusammenschnitt zum Nachhören.


© ANTENNE MÜNSTER

Als am Morgen danach die Sonne über Münster aufging, zeigte sich, was rund 40 Millionen Kubikmeter Wasser anrichten können, wenn sie eine Stadt überfluten. Tausende Keller waren abgesoffen, das Hab und Gut darin zerstört. Es dauerte mehrere Wochen, bis die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster über zehntausend Tonnen Flut-Müll abgefahren hatten. Dagegen ist noch in der Katastrophennacht eine beispiellose solidarische Soforthilfe in den Sozialen Netzwerken angelaufen. Man schenkte Flutopfern Möbel oder bot spontan an, mit anzupacken.

Beispielloser Zusammenhalt der Münsteraner

Über soziale Netzwerke und vor Ort hatten viele Münsteraner Hilfsgruppen organisiert. Gemeinsam räumten sie überflutete Keller und Wohnungen aus. Nur 24 Stunden nach dem Unwetter fanden sich bereits rund 3.000 Freiwillige für Aufräumarbeiten zusammen. Dazu kamen allein durch eine facebook-Aktion fast 2.000 Sachspenden für Betroffene zusammen: Vor allem Möbel, Kleidung und Elektrogeräte. Außerdem zeigten die Münsteraner eine enorme Spendenbereitschaft: Mehr als 850.000 Euro kamen damals zusammen. Auch ihr habt diesen Zusammenhalt erlebt und uns gestern (28.07.) in der Sendung von euren tragischen, schönen und berührenden Erlebnissen erzählt.

© ANTENNE MÜNSTER

In der Unwetternacht und noch Tage später waren 4.000 Einsatzkräfte und tausende freiwillige Helfer unterwegs, um mit anzupacken: Sie räumten Kellerräume leer und versorgten Betroffene mit Sach- und Geldspenden. Besonders stark Betroffene erhielten von der Stadt finanzielle Hilfe: Insgesamt wurden Sofortschecks in Höhe von fünf Millionen Euro ausgestellt. Das Unwetter hatte 56 Schulen, viele Kindertagesstätten, und tausende Wohnungen stark beschädigt. Es sind Kosten von mehreren Millionen Euro entstanden.

Klimaanpassungskonzept als Konsequenz

10.000 Tonnen Sperrmüll sind angefallen, zwei Menschen gestorben. Das war die bittere Bilanz des 28. Juli 2014. Vor allem der nördliche Teil von Münster ist regelrecht untergegangen, katastrophal war die Lage insbesondere in Kinderhaus. Seither hat die Stadt ein Klimaanpassungskonzept entwickelt. Ziel war und ist es, den Hochwasserschutz in der Stadt zu verbessern, den aber gleichzeitig auch mit ökologischer Verbesserung zu verknüpfen. Folgende Projekte wurden bereits umgesetzt:

  • der Canisiusgraben wurde entrohrt und der Durchlass unter der Mecklenbecker Straße vergrößert
  • der Deich der Aa an der Kanalstraße wurde erhöht und der „Retentionsraum“ (Überflutungsgebiet) erweitert (in diesem Zusammenhang wurde auch eine hochwasserfreie Brücke gebaut) – außerdem sind an der Kanalstraße die Regenwasserkanäle vergrößert worden, der Neubau eines Regenwasserpumpwerkes ist auf der Zielgeraden
  • auch an den Westerholt’schen Wiesen wurde die Aa aus ihrem Betonbett „befreit“ und der Retentionsraum vergrößert
  • in Nienberge ist der Durchlass der Hunnebecke unter der B54 vergrößert und das Umfeld ökologisch verbessert worden
  • in Kinderhaus wurde an verschiedenen Stellen die Regenwasserkanalisation vergrößert (Ohmweg, Eimermacherweg, Adolf-Reichwein-Straße)

Investiert wurden bisher knapp 20 Mio Euro für die Stadtentwässerung.

Im Zuge der Arbeiten an der Kanalstraße ist diese aktuell nicht passierbar. Die Vollsperrung sollte eigentlich erst im Herbst kommenden Jahres wieder aufgehoben werden. Weil die Baufirma aber zügig arbeitet und mehr Personal eingesetzt hat als üblich, könnte es schon Ende dieses Jahres wieder freie Fahrt auf der wichtigen Verbindungsstrecke aus dem Norden in die Innenstadt geben.

Weitere Projekte in Planung

Obwohl bereits viele Projekte umgesetzt wurden, sind noch längst nicht alle vorgesehenen Maßnahmen abgeschlossen. Die Erfahrungen aus dem Starkregen von 2014 sollen auch genutzt werden, Münsters Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu erhöhen. Die Stadt wird weiterhin Projekte zum Hochwasserschutz / zur Stadtentwässerung umsetzen. Hierzu gehören auch die zahlreichen Erneuerungen der Regenwasserkanalisation an vielen Punkten in der Stadt oder auch der regelmäßige Hinweis an Hausbesitzer die Rückstausicherung im Blick zu haben. Die Überprüfung der Kanalisation der Stadt etwa bleibt auch in der Zukunft ständige Aufgabe.

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