10 Jahre nach dem Jahrhundertregen
Veröffentlicht: Samstag, 27.07.2024 06:30
Münster ist heute deutlich besser vorbereitet auf extremen Starkregen als vor zehn Jahren - als es am 28. Juli 2014 zum Jahrhundertregen kam.

Einen solchen Starkregen wie vor zehn Jahren (28. Juli 2014) hat Münster davor und danach nie wieder erlebt. Als "Jahrhundertregen" ging er in die Geschichte ein und ist bis heute eines der heftigsten Regenereignisse Deutschlands.
Wir bei ANTENNE MÜNSTER haben damals live darüber berichtet. Hier findet ihr einen kleinen Zusammenschnitt des Programms von dem Montagnachmittag vor zehn Jahren:
Auch jetzt - zehn Jahre danach - ist die Stadt damit beschäftigt, Maßnahmen umzusetzen, um künftig vor solchen Starkregenereignissen sicherer zu sein.
Stadtbau angepasst - Gefahrenkarten angelegt
Nicht nur im Stadtbau hat sich viel getan - wie dem extra errichteten Deich entlang der Kanalstraße, durchlässigere Gullideckel oder bessere Kanalisationssysteme. In den vergangenen beiden Jahren hat die Stadt Münster außerdem das "Starkregen- und Hochwasserrisikomanagement" aufgebaut, teilt die Stadt auf ANTENNE MÜNSTER-Anfrage mit. Im April vergangenen Jahres wurde es veröffentlicht. Auch eine Internetseite wurde auf die Beine gestellt. Wer will, findet dort zahlreiche Informationen der Stadt zu dem Thema. Auch eine Starkregen-Gefahrenkarte für das gesamte Stadtgebiet wurde erstellt. Darauf lässt sich auf den Meter genau ermitteln, welche Bereiche der Stadt bei Regenfällen gefährdeter sind als andere, teilt die Stadt weiter mit. Außerdem reinigen Mitarbeiter:innen der Stadt seit dem Jahrhundertregen regelmäßiger die Wasser-Schächte unter den Straßen, damit sich in den Rohren nichts verfängt, was den Abfluss blockiert.
Risiken wurden analysiert
Die Stadt Münster hat unmittelbar nach dem Extremereignis im Juli 2014 damit begonnen, auf verschiedenen Ebenen Risiken zu analysieren und darauf ausgerichtete Maßnahmen zu planen und umzusetzen, unter anderem bauliche, organisatorische und kommunikative Maßnahmen. Als erstes wurden Maßnahmen in Gebieten umgesetzt, die besonders betroffen waren, zum Beispiel durch Überflutungen im Erdgeschoss.
Beseitigung von Schäden und Anpassung von Betriebsabläufen
Die Stadt Münster musste als erstes die zerstörte Infrastruktur, zum Beispiel Straßen, Bürgerzentren, Schwimmbäder und Kitas, wiederherstellen. Außerdem passte die Stadt unter anderem Betriebsabläufe an: Die Sinkkastenentleerung an Straßenabläufen erfolgt häufiger, auch Einlaufgitter vor Verrohrungen wurden häufiger kontrolliert. Die Verrohrungen wurden darüber hinaus auch baulich verbessert, so die Stadt. Außerdem wurden Messsonden zur Fernüberwachung von Wasserständen installiert. Die Ergebnisse werden öffentlich bereitgestellt. Die Kommunikationsmöglichkeiten des Personals wurden zudem durch Mobilfunk verbessert.
Umsetzung von Baumaßnahmen
Zusätzlich zu den auf der Internetseite veröffentlichten baulich umgesetzten Maßnahmen wurden im Bereich der Stadtentwässerung folgende Projekte abgeschlossen: Sowohl am Alfred-Krupp-Weg/ Roddestraße als auch an der Jostestraße/ Robert-Bosch-Straße wurde die Regenwasserkanalisation vergrößert.
Aufbau, Etablierung und Veröffentlichung des "Starkregen- und Hochwasserrisikomanagements" der Stadt
Die Stadt Münster hat ein stadtweites Simulationsmodell zur Durchführung von Starkregenanalysen aufgebaut. Es wird stetig weiterentwickelt. In die Auswertungen fließen laut Stadt die fachliche Expertise, Ortskenntnisse, städtische Ziele und Prioritäten ein. Wenn sich im Stadtgebiet etwas verändert, wenn zum Beispiel neue Baugebiete erschlossen werden, werden diese Veränderungen in dem Modell übernommen. So können regelmäßig aktualisierte Schadenspotential- und Risikoanalysen und spezifische Analysen durchgeführt und Handlungsempfehlungen formuliert werden, teilt die Stadt weiter mit.
Kommunikation, Information und Beratung
Die Stadt Münster setzt auf Kommunikation. Kurz nach dem Jahrhundertregen organisierte die Stadt Informationsveranstaltungen (zum Beispiel zum Versicherungsschutz) und Workshops, zum Beispiel in Kinderhaus, an der Kanalstraße und in Nienberge. Darüber hinaus hat die Stadt eine Kommunikationsstrategie im Rahmen des "Starkregen- und Hochwasserrisikomanagements" entwickelt. Ziel ist es, die Münsteraner:innen für private Vorsorge zu sensibilisieren. Außerdem soll das Risikobewusstsein geschärft werden. Und es soll auch aufgezeigt werden, wie sich die Münsteraner:innen im Gefahrenfall korrekt verhalten. Außerdem bietet die Stadt eine telefonische oder Vorort-Beratung an, mit individueller Risikoanalyse.
Was sind die aktuellen Pläne?
Die Stadt trifft Maßnahmen zum Hochwasserschutz, unter anderem zum Beispiel in den Gewässern Vornholtgraben (Gremmendorf) und am Coppenrathsweg/ Wilhelmshavenufer (Bereich Schleuse). Auch gibt es Maßnahmen zur Stadtentwässerung: Am Merkureck/ Westfalenstraße (Hiltrup) wird die Regenwasserkanalisation vergrößert. Und das Starkregen- und Hochwasserrisikomanagement wird fortgeschrieben. Der Austausch mit weiteren Beteiligten, vor allem Einsatzkräften wie Feuerwehrleuten, wird intensiviert.
Aus den Simulationen und Risikoanalysen werden sich weitere bauliche Maßnahmen im Bereich der Stadtentwässerung und der Gewässer ergeben, die nach und nach umgesetzt werden, teilt die Stadt weiter mit. Zum Beispiel: Bereiche im Einzugsgebiet des Kleibachs, des Loddenbachs (Gewerbegebiet Robert-Bosch-Straße/ Siemensstraße), Kinderhaus-Ost, südliche Kanalstr., Münstersche Aa Innenstadtbereich, Albachten.
Ziel der Maßnahmen
Die Stadt möchte Aufklärung betreiben, sagt Martin Füser von der Stadtverwaltung Münster:
Überflutungen durch extreme Starkregen oder Hochwasser können niemals gänzlich durch technische Infrastruktur oder Gewässer abgeleitet werden. Es kann lediglich eine Risiko- und Schadensminimierung erreicht werden. Ziel der kommunalen Maßnahmen: Herstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur/ leistungsfähiger Gewässer mit bestmöglicher Risikoanalyse und Schadensminimierung. Größtmöglicher Schutz kritischer Infrastrukturen, bestmögliche Hilfestellung zur Eigenvorsorge der Privateigentümer.
Jahrhundertregen am 28. Juli 2014: Zwei Tote, tausende Betroffene
Vor zehn Jahren starben zwei Menschen bei dem Jahrhundertregen in Münster. Tausende waren im gesamten Stadtgebiet vom Hochwasser betroffen. Damals - am 28. Juli 2014 - prasselten innerhalb von sieben Stunden fast 300 Liter Regen pro Quadratmeter auf Münster herab und überfluteten große Teile der Stadt. Damals fiel 26x mehr Regen, als Kanäle und Gewässer in Münster aufnehmen konnten.