Münster ist durchgerüttelt worden

Die Stadtwerke Münster haben die Erdwärme-Messungen in der Nacht zu heute (19.12.) abgeschlossen.

© ANTENNE MÜNSTER

Im November und Dezember lief eine großflächige geologische Untersuchung der Stadtwerke im münsterschen Stadtgebiet, die sogenannte 3D-Seismik. Ziel ist es, dass die Stadt Münster und ihr Tochterunternehmen (die Stadtwerke), mit Tiefengeothermie künftig große Teile des Wärmebedarfs in Münster klimaneutral decken können.

Die Messungen haben am 4. November im Süden des Stadtgebiets begonnen und wurden am 19. Dezember im Norden beendet. Dabei kamen spezielle Lastkraftwagen mit Rüttelplatten zum Einsatz, die kontrollierte Vibrationen in den Boden abgeben: die sogenannten Vibrotrucks. Der Vibrationsschall wird von den verschiedenen Gesteinsschichten im Untergrund reflektiert. Oberirdisch zeichnen bis zu 36.000 Geophone die Echos aus der Tiefe auf. Damit soll überprüft werden, ob es sich in Münster anbietet, ein Geothermie-Heizwerk zu bauen.

Finanziert wird die 3D-Seismik vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen mit 5,77 Millionen Euro zur Hälfte gefördert. Arno Minas, Dezernent für Wohnungsversorgung, Immobilien und Nachhaltigkeit der Stadt Münster:

Die Chancen, die die Tiefengeothermie für klimaneutrales Heizen bietet, sind riesig. In NRW wird die Technologie aber noch nicht kommerziell für die Wärmeversorgung genutzt. Das wollen wir ändern und leisten Pionierarbeit für die Tiefengeothermie in NRW.

Ablauf der 3D-Seismik in Münster

Im Untersuchungszeitraum waren drei bis vier Kolonnen mit je drei Vibrotrucks gleichzeitig unterwegs. Alle 30 Meter hielten die Fahrzeuge, senkten die Rüttelplatte und gaben eine Minute lang Vibrationen in den Boden ab - insgesamt rund 48.000 Mal. Sie fuhren auf Straßen und befestigten Wegen, auf Feldern und in Wohngebieten. Um den Alltag in der Stadt nicht zu sehr zu stören und eine gute Datenqualität zu erhalten, fanden die Messungen an sechs Nächten die Woche in der Zeit von 19:00 bis 7:00 Uhr statt. In den Nächten von Samstag auf Sonntag finden keine Messungen statt.

Mit so genannten "Geophonen" sollen die Messungen stattfinden.© Stadtwerke Münster
Mit so genannten "Geophonen" sollen die Messungen stattfinden.
© Stadtwerke Münster

In unmittelbarer Nähe zu den Messpunkten waren die kontrollierten Erschütterungen für die Münsteraner:innen deutlich spürbar. Arno Minas und Sebastian Jurczyk kündigten den Münsteraner:innen eine unruhige Nacht in den kommenden Monaten an:

Wir bitten schon im Vorfeld um Verständnis für die nächtliche Störung. Die Chance auf klimaneutrale, verlässliche und stabile Heimatwärme ist es den Bürger:innen hoffentlich wert, eine unruhige halbe Stunde in der Nacht auszuhalten.

Eure Fragen zum Thema "3D-Seismik in Münster"

Wir haben eure dringendsten Fragen zu den seismischen Untersuchungen der sogenannten Vibrotrucks gesammelt. Lisa Schmees, Sprecherin der Stadtwerke Münster, hat uns in der ANTENNE MÜNSTER-Morningshow Rede und Antwort gestanden. Die wichtigsten Punkte könnt ihr hier nachlesen - die ausführliche Version vom Interview zum Nachhören findet ihr ebenfalls hier.

Kann es durch die Vibrotrucks zu Gebäudeschäden kommen?

Lisa Schmees, Sprecherin der Stadtwerke Münster:

Sicherheit hat für uns natürlich die allerhöchste Priorität in diesen ganzen Untersuchungen. Wir halten uns an alle Regeln der Technik und an alle Normen. Für Erschütterungen gibt es tatsächlich auch eine DIN-Norm. Wir sind in Deutschland, da ist vieles genormt, und deswegen wissen wir auch aus vielen, vielen seismischen Untersuchungen vorher, dass die Wahrscheinlichkeit sehr, sehr gering ist, dass es zu Schäden kommt. Wir haben Begleiter:innen in der Erschütterungsmessung, die eben auch sicherstellen, dass alles im Rahmen der Grenzwerte abläuft.

Wer kommt für mögliche Schäden auf?

Lisa Schmees, Sprecherin der Stadtwerke Münster:

Das ist natürlich ein Fall, den wünscht sich niemand, aber wir sind natürlich darauf vorbereitet. Das gehört zu einer verantwortungsvollen Planung eben dazu. Und selbstverständlich stehen die Stadtwerke für Schäden, die nachweislich im Zusammenhang mit der seismischen Untersuchung passieren, natürlich gerade und haften auch dafür. Wer sich Sorgen macht um sein Gebäude, kann das natürlich vorab mit Fotos dokumentieren. Das gibt beiden Seiten Sicherheit. Aber wir gehen nicht davon aus, dass es zu Schäden kommt im Zusammenhang mit den seismischen Untersuchungen. Und wer Schäden feststellt, wendet sich an die Stadtwerke Münster. Wir kennen das ja auch aus anderen Bereichen, zum Beispiel im Straßenverkehr, auch Blechschäden. Da sind wir gut aufgestellt, um dann eben auch Schäden schnell zu regulieren.

Haben Messungen in Wasserschutzgebiet Berg Fidel negative Auswirkungen auf das Grundwasser?

Lisa Schmees, Sprecherin der Stadtwerke Münster

Diese seismischen Messungen, die sind wie eine Ultraschall-Untersuchung beim Arzt. Also wir greifen nicht in den Boden ein. Die Schallwellen, die wir in den Boden schicken, die verändern also die Strukturen im Boden nicht. Das Grundwasser und das Trinkwasser sind selbstverständlich sicher. Spätere Bohrungen in diesen Wasserschutzgebieten sind allerdings aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen.

Das gesamte Q&A-Interview zum Nachhören:

Im gesamten Interview werden außerdem unter anderem folgende Fragen geklärt: Müssen für die Vibrotrucks Autos umgeparkt werden? Wird in manchen Straßen wegen historischen Gebäuden nicht gerüttelt? Welche Auswirkungen haben die Messungen auf die Tiere? Wie wird das Projekt finanziert? Wie ist der weitere Ablauf nach Abschluss der Messungen? Wird durch die Geothermie das Heizen in Zukunft günstiger? Hier könnt ihr euch das komplette Interview anhören:

© ANTENNE MÜNSTER

Weitere Fragen und Antworten zum Thema und alle Informationen zur 3D-Seismik in Münster, zu den wöchentlichen Messgebieten und regelmäßige Updates findet ihr auf der Seite der Stadtwerke.

Weitere Hintergründe zur Tiefenwärme

Geothermie ist echte Heimatwärme. Sie steht immer zur Verfügung, ist vollständig klimaneutral und grundlastfähig. Sie ist unabhängig von saisonalen Temperaturen, importierten Brennstoffen und Handelsmärkten,

beschreibt Sebastian Jurczyk die Vorteile der Erdwärme. Tiefengeothermie ist andernorts seit Jahrzehnten im Einsatz und hat sich sehr bewährt, beispielsweise im Großraum München, in Paris oder der Toskana.

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