Malte-Prozess: Staatsanwalt fordert fünf Jahre

Im Fall 'Malte C.' fordert der Staatsanwalt fünf Jahre Haft für Nuradi A. Dessen Anwalt plädierte heute für zweieinhalb Jahre. Klar ist seit heute: Es gilt das Jugendstrafrecht.

© ANTENNE MÜNSTER

Morgen (Mittwoch, 22. März) fällt das Urteil im Fall 'Malte C.' - heute gab es am Landgericht Münster die Plädoyers. Einer der Zuschauer wollte, dass der trans-Mann Malte C. quasi mit im Gerichtssaal sitzt und hatte deshalb ein großes, gerahmtes Bild des Opfers mitgebracht und es auf einen Stuhl gestellt. Das Bild musste dann doch raus, entschied die zuständige Richterin. Somit stand es dann während des Prozesstages vor dem Landgerichtsgebäude direkt am Eingang (siehe Foto).

© ANTENNE MÜNSTER

200 Tage nach dem Tod des trans-Manns Malte C. gab es am Landgericht Münster heute die Plädoyers in diesem Fall. Die Staatsanwaltschaft Münster fordert fünf Jahre Gefängnis für den Angeklagten Nuradi A., dessen Rechtsanwalt fordert eine halb so lange Haftstrafe und außerdem eine Therapie, damit der 20-Jährige seine Probleme mit Gewalt, Alkohol und Drogen in den Griff bekommt. Das Urteil fällt das Richter-Team morgen Mittag.

Gutachterin empfiehlt Urteil nach Jugendstrafrecht

Die zuständige Gutachterin kam am Dienstag zu dem Schluss, dass der Angeklagte Nuradi A. zum Tatzeitpunkt noch nicht die geistige und sittliche Reife eines Erwachsenen erreicht hat. Entsprechend empfahl sie dem Gericht, das Jugendstrafrecht anzuwenden. Darauf bauten sowohl der Staatsanwalt als auch der Rechtsanwalt ihre Plädoyers auf. Dem Rechtsanwalt des Angeklagten, Siegmund Benecken, ist aber auch eine Therapie im Rahmen der Strafe wichtig:

"Für uns ist wichtig, dass der Angeklagte, der unter Drogen- und Akoholeinfluss gehandelt hat, in eine Therapieanstalt kommt, um von diesem Laster der Streitsucht unter Drogen- und Alkoholeinfluss loszukommen."

Sollte Nuradi A. eine Therapie erfolgreich abschließen, könnte ihm die zweite Hälfte seiner Haftstrafe erlassen und auf Bewährung ausgesetzt werden.

Strafmildernde Aspekte

Der Angeklagte Nuradi A. verdeckte sein Gesicht im Gerichtssaal mit einem Briefumschlag.© ANTENNE MÜNSTER
Der Angeklagte Nuradi A. verdeckte sein Gesicht im Gerichtssaal mit einem Briefumschlag.
© ANTENNE MÜNSTER

Staats- und Rechtsanwälte waren sich über die Schwere der Tat in ihren Plädoyers heute einig. Aber: Für den Angeklagten spricht, dass er schon am ersten Prozesstag zugegeben hatte, den trans-Mann Malte C. beim Christopher Street Day am Hafen Ende August niedergeschlagen zu haben und Reue gezeigt hatte. Das mildere die Strafe ab, sagt die Staatsanwaltschaft. Uneinig ist die sich mit den Rechtsanwälten aber darüber, wie schwer der Einfluss von Drogen und gut 0,6 Promille am Tatabend wiegt. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffasssung, dass der Angeklagte voll schuldfähig sei.

Urteil könnte Einfluss auf Verbleib des Angeklagten in Deutschland haben

Die Rechtsanwälte von Nuradi A. denken aber auch schon an die Zukunft des Angeklagten. Gegen ihn läuft ein Abschiebeverfahren - er könnte demnach jederzeit aus Deutschland abgeschoben werden, so Anwalt Siegmund Benecken. Sollte Nuradi A. tatsächlich in seine russische Heimat zurück müssen, sei er dort in großer Gefahr. Im Rahmen des Prozesses sei schließlich bekannt geworden, dass der Angeklagte schwul ist. Das habe er bisher immer unterdrückt und geheim gehalten, in seiner Heimat Tschetschenien ist Homosexualität unter Strafe verboten. Sollte Nuradi A. dagegen eine von seinen Rechtsanwälten geforderte Therapie erfolgreich abschließen, habe er gute Chancen, eine Duldung in Deutschland zu erreichen.

Fakt ist jedenfalls: Eine trans- oder lesbenfeindliche Motivation der Tat halten Staats- und Rechtsanwälte bei Nuradi A. für unwahrscheinlich. Beide gehen beim Tatmotiv davon aus, dass eine grundsätzliche Aggressivität unter Drogen- und Alkoholeinfluss die Ursache des Angriffs war.

Der Rechtsanwalt des Angeklagten Nuradi A., Siegmund Benecken, im Gespräch mit ANTENNE MÜNSTER.© ANTENNE MÜNSTER
Der Rechtsanwalt des Angeklagten Nuradi A., Siegmund Benecken, im Gespräch mit ANTENNE MÜNSTER.
© ANTENNE MÜNSTER

Weitere Meldungen