Erste Millionen: Aufbau der Batterieforschung in Münster startet

Die NRW-Landesregierung lässt sich von der Kritik an Münster als Standort für die Batterieforschung nicht beeindrucken. Den südlichen Bundesländern wirft sie unfaires "Nachtreten" vor. Die ersten Millionen sind geflossen, die Wissenschaftler stehen am Start.

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Mit der ersten Millionen-Tranche kann die für die Energie- und Verkehrswende wichtige Batteriezellenforschung in Münster starten. Der Bund habe der federführenden Fraunhofer-Gesellschaft 150 Millionen Euro bewilligt, teilten die nordrhein-westfälischen Minister für Wissenschaft und Wirtschaft, Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) und Andreas Pinkwart (FDP), am Mittwoch (30.10.) in Düsseldorf mit. Bis Anfang 2022 soll an dem unter den Ländern umstrittenen Standort die erste Batterieforschungsfabrik in Deutschland entstehen. Dafür stellt der Bund insgesamt 500 Millionen Euro bereit. Derzeit wird Europa im zukunftsträchtigen Batteriemarkt von Asien abgehängt.

Beide Minister riefen Kritiker eindringlich auf, den Streit um den Standort Münster zu beenden und nicht mehr "nachzutreten". "Die Aufgabe ist zu wichtig, als sich in regionalen Einzelinteressen zu verzetteln und Zeit zu vergeuden", sagte Pinkwart. Wissenschaftler und Industrie aus allen Ländern und Europa seien eingeladen, sich an der Batteriezellenforschung zu beteiligen.

Der Bund hatte Münster, der Heimatregion von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU), den Zuschlag für die Forschungsfabrik gegeben. Das sorgte für heftige Kritik vor allem aus Baden-Württemberg. Pfeiffer-Poensgen sagte, die erfolgsverwöhnten südlichen Bundesländer hätten bisher wohl nicht wahrgenommen, dass auch Münster einen Spitzenplatz in der Forschung einnehme. "NRW war nicht immer bei allen auf der Landkarte."

Pinkwart kritisierte Rücktrittsforderungen gegen Karliczek als "völlig unangemessen und sachfremd". "Was hier geschieht, ist nicht nur unfair, sondern schadet auch dem Gesamtvorhaben", sagte Pinkwart. Karliczek und ihr Ministerium hatten Vorwürfe im Zusammenhang mit der Standortvergabe mehrfach zurückgewiesen. Alle Länder seien im Auswahlverfahren gleichbehandelt worden.

Deutschland will nicht nur in den zukunftsträchtigen Batteriezellenmarkt für Elektroautos einsteigen. Leistungsfähige Batterien als Stromspeicher würden auch in Haushalten, Industrie, in der Robotik und im Maschinenbau gebraucht, sagte Pfeiffer-Poensgen. Bisher sei bei dem Projekt aber "leider viel über Randaspekte und Befindlichkeiten" gesprochen worden. "Das wollen wir nun ändern."

NRW beteiligt sich mit 200 Millionen Euro an der "Forschungsfertigung Batteriezelle" und wird damit das Grundstück und die Gebäude in Amelsbüren sowie die wissenschaftliche Nachwuchsförderung finanzieren. Allein in der künftigen Forschungsfabrik sollen 150 Arbeitsstellen für Wissenschaftler entstehen. Pinkwart rechnet aber mit "Tausenden neuen Arbeitsplätzen" etwa in beteiligten Unternehmen oder neuen Start-Ups in Zusammenhang mit dem Batterieforschungsprojekt.

Baden-Württemberg war mit seinem Vorschlag Ulm gescheitert, ebenso Niedersachsen und Bayern. Das Bundesforschungsministerium wolle weitere 100 Millionen Euro für Batterieforschung auch an anderen Standorten bereitstellen, sagte Pfeiffer-Poensgen. Für die beteiligten Wissenschaftler sei der Streit um den Standort Münster "keine sehr angenehme Erfahrung gewesen". Die Auseinandersetzung werde den Start der Forschungsfabrik "aber nicht belasten".

Ein Team der Fraunhofer-Gesellschaft hat bereits Labore und Büros in Münster bezogen und bereitet den Aufbau vor. Mit den jetzt bereitgestellten Millionen sollen Teilprojekte ausgeschrieben und Forschungs- und Industriepartner gesucht werden.

Es bestehe "kein Zweifel am Erfolg" des Forschungsprojekts, sagte Pfeiffer-Poensgen. Beteiligt sind auch die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich. Mit an Bord sind zudem der international bekannte Batterieforscher Professor Martin Winter aus Münster und der Elektropionier Günther Schuh. Unternehmen wie Daimler, Toyota und Remondis brächten derzeit Kooperationsanträge ein, sagte Pinkwart. Ziel des Projektes ist es, möglichst den gesamten Wertschöpfungsprozess in Deutschland zu halten, von den Grundstoffen und dem Bau einzelner Batterieteile bis hin zur Wiederverwertung.

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