A1-Ausbau gestoppt: Wirtschaft entsetzt

Zwischen Münster und Osnabrück wird die A1 vorerst ein Nadelöhr bleiben. Die IHK nennt das "nicht hinnehmbar", die Grünen sehen eine "Chance".

© ANTENNE MÜNSTER / Google Maps

Eigentlich sollte der Ausbau bereits am 1. September losgehen und bis Ende 2027 abgeschlossen sein. Die Ausschreibung wurde aber kurz vor Ende der Frist doch noch aufgehoben. Das Teilstück sollte eigentlich in privater Trägerschaft gebaut werden. Für diesen Schritt gab es zuletzt nur noch einen Bewerber. Auch für diese Firma kam das Aus kurz vor Schluss völlig überraschend.

DEGES tritt auf die Bremse

Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung habe ergeben, dass das Angebot in privater Trägerschaft den Bund nicht günstiger kommt, als die übliche Methode, heißt es von der zuständigen "Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und -bau GmbH" (DEGES) zur Begründung. In Deutschland baut fast immer der Bund die Autobahnen.

Die Kritik ist groß

Jahrzehntelang ist der Ausbau der Autobahn 1 bei Münster schon geplant. Die Kritik an dem überraschenden Stopp ist schon jetzt groß, Expert:innen sprechen von einem großen volkswirtschaftlichen Schaden wegen der Verzögerung.

Dr. Fritz Jaeckel (Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen):

"Die heute bekannt gewordene Entscheidung der DEGES hat schwerwiegende Konsequenzen für die Erreichbarkeit und Standortattraktivität der Wirtschaftsregion Münsterland und ist für die regionale Wirtschaft weder nachvollziehbar noch hinnehmbar. Die IHK wird daher gemeinsam mit den kommunalen Spitzen und Mandatsträgern der Region nichts unversucht lassen, um eine Revision dieser für die gesamte Region fatalen Entscheidung zu erreichen.

Im Vertrauen auf eine deutlich schnellere bauliche Umsetzung der Maßnahme hatte auch die IHK die damalige Entscheidung, den A 1-Ausbau zwischen Münster und Osnabrück als ÖPP-Projekt umzusetzen, begrüßt, obwohl wir uns darüber im Klaren waren, dass der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung von Ausschreibung und Vergabe in diesem Fall zeitaufwändiger ist. Nun stehen wir vor der Situation, dass dieser erhöhte zeitliche Aufwand im Vorfeld nicht mehr durch eine deutliche Bauzeitverkürzung im Zuge einer ÖPP-Umsetzung ausgeglichen werden kann. Denn eine konventionelle Umsetzung und Finanzierung über den Bundeshaushalt würde sich voraussichtlich über einen deutlich längeren Zeitraum erstrecken.

Vor diesem Hintergrund will die IHK nun Gespräche mit der DEGES wie auch der Autobahn GmbH des Bundes führen, damit der 6-streifige Ausbau der A 1 nach einer umgehend zu erfolgenden erneuten Ausschreibung mit höchster Priorität finanziert und gebaut wird."

Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen © IHK Nord Westfalen
Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen
© IHK Nord Westfalen

Reaktionen aus der Politik

Maria Klein-Schmeink, grüne Bundestagsabgeordnete:

"Der einstweilige Stopp des Ausbaus der A1 zwischen Münster und Osnabrück ist ein klares Signal: Die oft gelobten Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft sind nicht zwingend auch wirtschaftlich. Zudem ist die Aufhebung der Ausschreibung ein guter Moment, um die Notwendigkeit des Ausbaus noch einmal zu hinterfragen."

Robin Korte, grüner Landtagsabgeordneter:

"Der Ausbau der A1 ist klima- und verkehrspolitisch völlig aus der Zeit gefallen. Deshalb gilt es jetzt, die Ausbaupläne noch einmal grundsätzlich zu hinterfragen: Ist der Ausbau in dieser Dimension überhaupt notwendig? Werden die Ressourcen nicht viel dringender für den Ausbau klimafreundlicher Verkehrsträger benötigt? Aus unserer Sicht muss die Stärkung des Bahnverkehrs und die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene Vorrang haben vor einem weiteren Ausbau der Autobahn."


Maria Klein-Schmeink, grüne Bundestagsabgeordnete, und Robin Korte, grüner Landtagsabgeordneter© Steffen Dennert
Maria Klein-Schmeink, grüne Bundestagsabgeordnete, und Robin Korte, grüner Landtagsabgeordneter
© Steffen Dennert

Simone Wendland, CDU-Landtagsabgeordnete:

"Die DEGES hat jetzt gesagt, wie der A1-Ausbau angeblich nicht geht, jetzt muss sie sagen, wie er stattdessen besser geht. Es ist doch ein Treppenwitz, wenn ein Unternehmen, das zu 30 % dem Bund und 70 % den Ländern gehört, kurz nach der Ankündigung des Bundeskanzlers, Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen, bei einem so wichtigen Projekt voll auf die Bremse tritt. Außerdem weiß jeder, dass eine Verzögerung bei Bauprojekten immer auch eine Kostensteigerung bedeutet."

Simone Wendland, CDU-Landtagsabgeordnete© CDU
Simone Wendland, CDU-Landtagsabgeordnete
© CDU

Peter Börgel, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Münster (MIT):

"Das ist ein schwerer Doppelschlag für die Wirtschaft: Zum einen wird die Bauwirtschaft in einem wichtigen Projekt nach dem ÖPP-Modell ausgebremst, in dem das Unternehmen die öffentliche Infrastruktur vorfinanziert. Zum anderen verzögert sich unnötig der dringend benötigte Ausbau einer für die Unternehmen wichtigen Nord-Süd-Verbindung."

Peter Börgel, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Münster (MIT)© MIT Münster
Peter Börgel, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Münster (MIT)
© MIT Münster

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