Uni Münster-Sportpolitikexperte zu Olympia in China
Veröffentlicht: Freitag, 04.02.2022 07:15
Die olympischen Winterspiele in Peking sind höchst umstritten. Lassen sich Sport und Politik überhaupt trennen?

Heute (4.2.) starten die olympischen Winterspiele in Peking. Dabei verstößt die chinesische Regierung immer wieder gegen die Menschenrechte. Auch aus Nachhaltigkeitsgründen hagelt es Kritik. Andererseits trainieren die Athlet:innen jahrelang mehr als hart für genau diesen Moment und wünschen sich Anerkennung. Für Prof. Dr. Henk Erik Meier von der Uni Münster ein Zwiespalt. Er ist Sportwissenschaftler mit Schwerpunk Sportpolitik. Eigentlich ließen sich Sport und Politik nicht voneinander trennen, sagt er im ANTENNE MÜNSTER-Interview, gibt aber zu bedenken:
Man muss fairerweise sagen, dass das IOC die Spiele an Peking vergeben hat, als die Menschenrechtssituation [...] sich noch nicht so verschärft hatte. Also China hat damals eine wesentlich weniger aggressive Politik verfolgt. Und auf der anderen Seite stört es uns ja auch nicht im täglichen Leben, wenn wir Produkte aus China kaufen, dass diese Menschenrechtsverletzungen dort tagtäglich stattfinden.
Außerdem müsse man zugestehen, dass westliche Länder immer weniger bereit sind, die Kosten aufzubringen, so Meier weiter. In der Folge seien solche Events bedenklicherweise in den letzten Jahren immer mehr in autokratische oder autoritäre Staaten abgewandert.
Boykott bringt nichts
Viele Sportfans fragen sich jetzt, ob sie die Spiele in Peking überhaupt guten Gewissens im Fernsehen verfolgen können oder ob sie Olympia boykottieren sollten - ähnlich wie auch die anstehende Fußballweltmeisterschaft in Katar. Prof. Dr. Henk Erik Meier glaubt nicht daran, dass das etwas bringen würde:
Ich glaube eher, der Boykott ist ein Instrument, mit dem wir uns besser fühlen und unser schlechtes Gewissen beruhigen können. Auf die chinesische Bevölkerung würde er kaum Eindruck machen. Man sich immer vergegenwärtigen: Es gibt einen riesigen Progaganda-Apparat in China, der jede westliche Kritik auch aggressiv abwertet.
Somit sei die chinesische Regierung in der Lage, die Menschen in China durch diese nationalistische Propaganda auch von Zweifeln abzubringen.
Sportler:innen können ein Zeichen setzen
Abgesehen von der politischen Dimension dieser Winterspiele geht es natürlich vor allem um Sport. Die Athlet:innen trainieren oft ein Leben lang auf genau diesen Moment hin, fokussieren sich voll ihre Disziplin und opfern einen Großteil ihres Lebens für eben dieses Ziel: Wenigstens einmal zu Olympia. Prof. Dr. Meier hofft aber, dass die deutschen Sportlerinnen und Sportler diese Winterspiele nicht nur nutzen, um sportlich alles zu geben:
Es ist auch eine Chance zu zeigen, dass eben auch demokratische Systeme erfolgreich sein können. Dass man [...] mit der ganzen Würde eines demkatischen Staatsbürgers/Staatsbürgerin dort auftritt.
Das ganze Interview aus der ANTENNE MÜNSTER-Morningshow könnt ihr hier nochmal in voller Länge hören: