Fall Malte: Angeklagter gesteht

Der Fall hat viele entsetzt: Beim CSD in Münster wurde Malte C. tödlich verletzt. Heute war Prozessauftakt - und der Angeklagte hat gestanden.

© ANTENNE MÜNSTER

Der Angeklagte, der im Sommer in Münster den trans-Mann Malte C. beim Christopher-Street-Day am Hafen tödlich verletzt haben soll, hat die Tat gestanden. Das sagte er heute am ersten Prozesstag am Landgericht in Münster aus. Er habe gedacht, dass Malte C. zurückschlagen und sich ein Kampf entwickeln würde, sagte Gerichtssprecher Hennig Barton im ANTENNE MÜNSTER-Interview. Die Staatsanwaltschaft wirft Nuradi A. gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge vor. Der 20-Jährige habe alles gestanden, was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft.

Erster Prozesstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Bis zuletzt war nicht klar, was der Tatverdächtige während des ersten Prozesstages ausgesagt hatte. Denn: Sein Anwalt, Siegmund Benecken, hatte beantragt, dass der 20-Jährige aussagen kann, ohne dass Zuschauer oder Reporter mit im Gerichtssaal sind. Das passierte zum Schutz des jungen Mannes, der aus Russland stammt. Gericht und Staatsanwaltschaft hatten nichts dagegen. Und somit mussten alle Zuschauer und Reporter raus aus dem Gerichtssaal.

Der erste Prozesstag heute fand beinahe komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nur bei den Zeugengesprächen waren Zuschauer und Reporter mit im Gerichtssaal. Befragt wurden bisher ein Polizist und eine Polizistin, die an dem Tag des Angriffs im Einsatz waren oder in diesem Fall ermittelt haben. Nächste Woche Freitag steht der nächste Prozesstag an - dann wieder mit Zeugengesprächen. Spätestens Mitte April soll es ein Urteil geben.

Was war passiert?

Der jetzt Angeklagte bedrohte und beschimpfte damals auf dem CSD drei Frauen. Malte war in der Nähe, hatte das mitbekommen und wollte den Frauen helfen. Der Täter, der mal ein professioneller Boxer war und natürlich noch geübt ist, schlug ihm aus Wut über die Einmischung mehrmals ins Gesicht. Malte stürzte mit dem Hinterkopf auf das Pflaster und fiel ins Koma. Sechs Tage später erlag er seinen schweren Hirnverletzungen.

Nuradi A., Angeklagter im "Malte"-Prozess, mit seinen Anwälten.© ANTENNE MÜNSTER
Nuradi A., Angeklagter im "Malte"-Prozess, mit seinen Anwälten.
© ANTENNE MÜNSTER

Zweifel an queer-feindlichem Tatmotiv

Die schreckliche Tat wurde in der Öffentlichkeit als homophobe, queer-feindliche Tat wahrgenommen. Daran gibt es aber inzwischen Zweifel. Sie beziehen sich auf ein psychiatrisches Gutachten. Demnach ist der mutmaßliche Täter Nuradi A. wohl selbst homosexuell. Weil in seiner Heimat, im islamistisch geprägten Tschetschenien Homosexualität unter Strafe verboten ist, hat er seine sexuelle Ausrichtung aber stets unterdrückt und verheimlicht. Auch in seiner Familie sollte das niemand erfahren. Und im Gutachten heißt es deswegen: Vielleicht habe er zugeschlagen, um allen zu zeigen, wie sehr er Schwule und Transsexuelle hasst. Um auch selbst nicht weiter unter Druck zu stehen.

© ANTENNE MÜNSTER

Welche Strafe droht dem Angeklagten?

Die Strafe könnte am Ende tatsächlich geringer ausfallen, als viele es jetzt erwarten. Das hat zwei Gründe. Erstens: Der mutmaßliche Täter ist 20, gilt damit noch als Heranwachsender. In diesem Fall könnte - ja nach Ermessen des Gerichts - das Jugendstrafrecht greifen. Und das bedeutet: die Höchststrafe betrüge drei bis zehn Jahre. Und zweitens: Es gibt keine Anklage wegen Mordes, sondern "nur" wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Eine klare Absicht, Malte zu töten, habe es nämlich nicht gegeben. So jedenfalls ist bisher die Beurteilung des Gerichts. Gegen den Angeklagten spricht allerdings: Er war schon vor der Tat als Schläger polizeibekannt und ist auch mehrfach vorbestraft.

Wie lange dauert der Prozess?

Bislang sind zehn Prozesstage anberaumt, bis zum 17. April. Der Prozess könnte schneller zu Ende gehen, wenn der Angeklagte die Tat gesteht. Nuradi A. hat sich am ersten Verhandlungstag bereits - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - zu den Vorwürfen geäußert.

Über den Prozessbeginn berichtet ANTENNE MÜNSTER-Reporter Chris Overmann im Gespräch mit Nachmittagsmoderator Philipp Moser:

© ANTENNE MÜNSTER

Weitere Meldungen