Protestaktion #allesdichtmachen sorgt für Aufruhr

Die Protestaktion #allesdichtmachen von rund 50 Film- und Fernsehschauspieler:innen spaltet die Gesellschaft. Sie kritisieren in Videobotschaften die Corona-Politik der Regierung, aber auch die Medien für ihre Art der Berichterstattung. Darunter auch Münster-Tatort-Schauspieler Jan Josef Liefers, der dafür Lob von Seiten der Querdenker und der AfD bekommt. Aber genauso gibt es auch viel Gegenwind und Unverständnis wie zum Beispiel von Schauspieler-Kollegen wie Elyas M'Barek. Wir von ANTENNE MÜNSTER fragen uns auch: Was soll das?

Was ist passiert?

Unter dem Motto #allesdichtmachen gibt es eine großangelegte Internetaktion, mit der rund 50 prominente Film- und Fernsehschauspieler seit Donnerstagabend (22.04.) für Aufsehen sorgen. Unter ihnen befinden sich zum Beispiel Wotan Wilke Möhring, Ulrich Tukur, Ulrike Folkerts und auch Jan Josef Liefers vom Münster-Tatort. Die Schauspieler kritisieren in Videobotschaften die Corona-Politik der Regierung, aber auch die Medien für ihre Art der Berichterstattung. So sagt Liefers zum Beispiel ironisch: Er bedanke sich bei allen deutschen Medien, die seit über einem Jahr den Alarm ganz oben halten", und erntet dafür Lob von Seiten der Querdenker und der AfD, aber auch reichlich Kritik, etwa vom Schauspieler-Kollegen Elyas M'Barek, der von Zynismus spricht. Verbreitet wurden die Videos gestern Abend (22.4) auf Instagram und YouTube.

Jan Josef Liefers hat sich mittlerweile (am Freitagmorgen, 23.04.) zu seinem Videobeitrag geäußert. Über die Internetplattform Instagram bestätigt er zwar seine Kritik an der Regierung und ihrer Corona-Politik, lehnt aber eine Nähe zu den Querdenkern und der AfD ab.

Meinung aus der ANTENNE MÜNSTER-Redaktion

Am Freitagmorgen haben unsere Morningshow-Moderator:innen Anja Brukner und Christoph Hausdorf entsetzt und traurig auf die Protestaktion - vor allem die Worte des Münster-Tatort-Schauspielers Jan Josef Liefers - reagiert: So sagt Christoph Hausdorf:

Normalerweise freuen wir uns immer, wenn Jan Josef Liefers aus dem Münster-Tatort Videos in den sozialen Netzwerken teilt. Das sind oft witzige Einblicke in die Dreharbeiten und so. Bei dem aktuellen Video fragen wir uns aber: Was soll das? [...] Das ist natürlich ironisch gemeint[, was Liefers sagt, wenn er allen Medien dieses Landes danke sagt dafür, dass sie dafür sorgen, dass der Alarm ganz, ganz oben bleibe.] Und wir fragen uns jetzt: Was machen wir jetzt damit?

Anja Bruker sagt weiter:

Ich möchte erstmal ganz klar sagen: Es gibt ganz sicher Medienkollegen, die extra reißerische Schlagzeilen machen, die extra schockierende Berichte schreiben, um noch mehr Reichweite zu kriegen. Das unterschreibe ich. Aber: Jetzt von allen Medien zu sprechen, das macht mich ein bisschen traurig, ehrlich gesagt. Ich verstehe komplett den Frust. Ich verstehe, dass Theater geschlossen sind, dass Kinos geschlossen sind, dass Kultur kaum stattfindet und dass das schlimm ist. Aber: Ich möchte sagen: Wir ziehen uns hier diesen Schuh nicht an. Wir berichten, was Sache ist, wir sprechen mit ganz vielen Menschen, die betroffen sind von der Krise - mit Gastronomen, mit Leuten vom Kino, selbst der Krisenstabsleiter hinterfragt die Maßnahmen der Regierung aus Berlin. Also wir berichten wirklich so neutral, wie es geht, und nichts liegt uns ferner als euch Angst zu machen. Und ich hoffe, das wisst ihr auch.
© ANTENNE MÜNSTER

Marina Weisband zu #allesdichtmachen

Am Freitagvormittag hat sich auch Marina Weisband aus Münster bei Instagram in einem Video zu der Protestaktion und ihren Folgen geäußert. Marina Weisband hat an der WWU Münster studiert und ist Diplom-Psychologin. Sie ist ehemalige Geschäftsführerin der Piratenpartei, mittlerweile Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Marina Weisband wurde in der Ukraine geboren und ist in einer jüdischen Familie aufgewachsen. Sie macht sich unter anderem für die junge jüdische Generation in Deutschland stark. Ihre Nachricht an die Schauspieler:innen, die an der Protestaktion #allesdichtmachen teilgenommen haben:

Ihr werdet in nächster Zeit öffentlich darüber auftreten, wie - dafür, dass ihr zynische Videos gepostet habt, - euch ein böser Mob angreift und das als Beleg werten für den Niedergang der Meinungsfreiheit in Deutschland. [...] Und ich möchte euch dazu zwei Sachen sagen. [...] Es gibt Kritik [an der Corona-Politik der Regierung] - auch in Zeitungen und Medien. Habt ihr sie vielleicht nicht gelesen? Und zweitens: Dass ihr jetzt angegriffen werdet von Leuten, dass Leute sich aufregen über eure Aktion, weil ihr verschwörungstheoretische Narrative damit bedient, das ist nicht ein Zeichen des Untergangs der Meinungsfreiheit. [...] Es geht darum, dass ihr sagt, die Medien seien gleichgeschaltet oder die Leute unterstützen blind die Regierung, wenn sie einfach nur versuchen, sich in einer Pandemie solidarisch zu verhalten. Ihr habt euch dazu entschieden, eure Kritik auf eine Weise zu äußern, die Antisemiten wie Attila Hildmann abfeiern und teilen. Dass Leute euch dafür jetzt Gegendwind geben, bedeutet nicht, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland stirbt. Was ihr abbekommt, ist keine Zensur, was ihr abbekommt, ist kein Mob, was ihr abbekommt, ist Meinungsfreiheit.

Weitere Meldungen