JVA-Geiselnahme: "Lage gut bewältigt"

NRW-Justizminister Peter Biesenbach hat am Freitag (23. Okt.) in einer Sondersitzung des Landtags die Polizeiarbeit im Fall der Geiselnahme in der JVA Münster gelobt: "Die Lage wurde ausgesprochen gut bewältigt". Am vergangenen Freitag hatte ein 40-jähriger Insasse eine 29-jährige Auszubildende in der JVA als Geisel genommen und war am Ende von der Polizei erschossen worden.

© ANTENNE MÜNSTER

Sondersitzung im Landtag

Die SPD hatte eine Sondersitzung des Landtags beantragt, damit sich der Rechtausschuss zu Einzelheiten der Geiselnahme äußert. Biesenbach zeigte auf der Sitzung sein Unverständnis darüber. Da war eine junge Kollegin stundenlang in Todesangst», sagte der Minister, aber die SPD habe keine anderen Sorgen, als möglichst live informiert werden zu wollen. Zum Vorgehen der Polizei während der Geiselnahme äußerte sich Biesenbach positiv: "Schulmäßig, sagt meine Abteilung."

Die SPD hatte im Vorfeld auch gefordert, dass die Landesregierung in der Sitzung auch die Frage beantworten soll, "ob der bauliche Zustand der Justizvollzugsanstalt Münster die Geiselnahme begünstigt hat". Über einen Neubau wird seit langem gestritten. Auch zu diesem Thema bezog Biesenbach Stellung: Der bauliche Zustand des Gefängnisses habe die Geiselnahme nicht begünstigt. Der B-Flügel, in dem die Geiselnahme stattfand, sei saniert, sagte Biesenbach. «Der Rest ist Schrottimmobilie.» Diesen Zustand habe aber vor allem sein Vorgänger Thomas Kutschaty (SPD) zu verantworten. «Deshalb muss jetzt eine neue Anstalt gebaut werden.»

Infos zur Geiselnahme

Der bei der Geiselnahme in der JVA Münster von der Polizei erschossene Täter ist einem Bericht des NRW-Justizministeriums zufolge offenbar verwirrt gewesen. Nach Angaben der 29 Jahre alten JVA-Bediensteten, die als Geisel genommen worden war, habe der 40-Jährige zu ihr gesagt, "er sei der Sohn der Jungfrau Maria und müsse - wie eine Figur in dem Film "Thor" - zu einem Feld an einem roten Haus in Spanien, um einen Hammer zu holen und mit diesem Hammer das Coronavirus zu besiegen". Aus dem Bericht geht auch hervor, dass der Mann bereits vorher Auffälligkeiten aufwies, die für eine psychische Erkrankung sprechen. Weil er sich gegenüber JVA-Mitarbeitern und Mitgefangenen aggressiv verhalten hatte, waren eine Reihe verschiedener Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. So durfte er nur allein duschen und allein zum Freigang auf den Hof.

Bei der Waffe, mit der der Gefangene während der Geiselnahme die JVA-Bedienstete bedrohte, handelte es sich nicht wie zunächst angenommen um eine Rasierklinge, "sondern um eine angespitzte und in diesem Bereich gehärtete Zahnbürste". Wie der Mann die Zahnbürste angespitzt habe, sei Gegenstand der Ermittlungen.

Der Bericht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, nennt auch Details zu den Schüssen, die Polizisten am vergangenen Freitag (16.10.) auf den Mann abfeuerten. Demnach sagte der Häftling gegen 9.20 Uhr zu der JVA-Bediensteten in seiner Gewalt, sie beide müssten nun "etwas machen"und "bei drei losgehen". Der Mann habe die 29-Jährige mit der Waffe am Hals gezwungen, mit ihm auf Kräfte des Spezialeinsatzkommandos der Polizei zuzugehen. Beamte hätten daraufhin ihre Schusswaffen "gezielt" eingesetzt. Die Geisel habe mit nur leichten Verletzungen am Hals befreit werden können. Der Täter erlag noch vor Ort seinen Verletzungen. Bei der Obduktion wurden vier Schussverletzungen festgestellt, eine von ihnen war tödlich.

Nächste Schritte

"Es geht darum, jetzt schnell die notwendigen Schlüsse aus dem tragischen Vorfall zu ziehen", sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sonja Bongers, am Donnerstag (22.10.). Sie verwies darauf, dass es die zweite Geiselnahme in einer JVA innerhalb weniger Wochen gewesen sei. Anfang September hatte ein Häftling in Geldern einen Bediensteten mit einem Messer in seine Gewalt gebracht, das er sich in der Druckerei nach einem Ablenkungsmanöver von einer Fensterbank geschnappt hatte. Nach anderthalb Stunden konnte der Täter von mehreren Bediensteten der JVA in einem günstigen Moment überwältigt und entwaffnet werden.

Biesenbach sagte in der Landtags-Sitzung am Freitag, er unterstütze die Bemühungen, den Umgang mit psychisch kranken Gefangenen zu verbessern. «Das sind tickende Explosionsrisiken, die wir alle kennen. Es gibt immer mehr verhaltensauffällige Gefangene.»

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