Hafencenter: Offener Brief an SPD-Fraktion

Es rumort weiter rund um das Projekt Hafencenter. Die Bürgerinitiativen am Hafen fordern die SPD Münster in einem offenen Brief dazu auf, gegen das geänderte Projekt zu stimmen.

© Stadt Münster

Die Bürgerinitiativen am Hafen wenden sich jetzt in einem offenen Brief an die SPD in Münster, und fordern die Sozialdemokraten auf, am Mittwoch im Rat gegen das geänderte Projekt zu stimmen.

Die neue Idee, statt eines Supermarktes eine Markthalle mit einzelnen Ständen in dem Rohbau einzurichten, würde die Verkehrsprobleme nicht lösen.

Sie fordern weiter entschieden, dort Wohnraum zu errichten, statt Handel anzusiedeln.

Die Intiativen gehen davon aus, dass es weitere Klagen gegen das Projekt geben wird, wenn übermorgen die neue Vorlage den Rat passiert.

Das würde den Hafenmarkt um weitere Jahre verzögern, denn die Verkehrsprobleme seien weiterhin nicht gelöst und die Rechtssprechung sei bisher immer im Sinne der Kläger ausgefallen.

Hier der ganze Brief zum Nachlesen:

Liebe KollegInnen, sehr geehrte Damen und Herren,
wir wenden uns jetzt vor der Ratssitzung am 11.12.2019 in Sachen Hafencenter, Hafenmarkt und jetzt Markthalle an Sie, an euch mit der Bitte, die neue Vorlage abzulehnen. Die Vorlage ist am Mittwoch, 4.12.2019 im Haupt- und Finanzausschuss mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP beschlossen worden. Jetzt soll auf Vorschlag der SPD eine Markthalle anstatt eines Supermarktes errichtet werden, wobei die einzigen Markthändler die Stroetmanns sind. Auch die Verkaufsfläche ist gleichgeblieben. Eine solch große Verkaufsfläche rechnet sich aber nur, wenn auch Kundschaft außerhalb des Quartiers bedient wird, was aber zwangsläufig zu einem höheren Verkehrsaufkommen und damit natürlich auch zu mehr Lärm und Abgasen im Hansaviertel führen wird. Dies wird im Bebauungsplan auch keinesfalls geleugnet, was aber Teile der Politik und Verwaltung trotzdem nicht davon abhält, weiter diese Pläne zu verfolgen; ein Verkehrskonzept sucht man vergebens.
Wir finden auch diesen neuen Vorschlag ungeeignet, weil er abermals keine neuerlichen Lösungskonzepte für den Verkehr im Hansa-Hafenviertel liefert, keinesfalls die Lärmbelastung der Anwohnerinnen und Anwohner mindert und darüber hinaus die völlig ausreichende Einzelhandelsstruktur im Viertel in eine Schieflage bringt bzw. untergräbt. Im Gegenteil: die jetzige Darlegung einer sogenannten Lösung ist in Wahrheit „alter Wein in neuen Schläuchen“! Vorher war es ein Hafencenter, dann der Hafenmarkt und jetzt die Markthalle. Mag sein, dass das eine gewisse Änderung der bisherigen Planungen bedeutet. Im Grundsatz aber bleibt die Intention klar erhalten, den Einzelhandel in diesem Gebiet auszubauen. Dagegen haben wir immer argumentiert. Wir haben bereits beim Hafenforum 2011 und 2012 massiv gegen die Planungen des Hafencenters Einwände erhoben und Gegenvorschläge unterbreitet. Wir haben den „Kompromiss“ vom Dezember 2015 kritisiert. Wir haben gegen den Bebauungsplan geklagt und im April 2018 vom OVG Münster Recht bekommen. Wir haben im Mai 2018 einen Baustopp bei der Stadt beantragt. Dieser wurde abgelehnt, ebenso durch die Klage beim Verwaltungsgereicht Münster. Erst eine OVG-Entscheidung von Februar 2019 hat den Baustopp verfügt und erst seitdem herrscht Ruhe.
Und eine weitere Befürchtung haben wir, dass durch die Markthalle innerhalb kurzer Zeit auch ein E-Center durch die Hintertür kommt. Denn was passiert, wenn die Markthalle nicht funktioniert, wie sich das Stroetmann und die Politik vorstellt? Dann wird das Gebäude ja nicht wieder abgerissen. Wir können uns gut vorstellen, dass dann aus „Sachzwängen“ und aufgrund der geschaffenen Fakten der Vertrag zwischen der Stadt und Stroetmann bzw. der B-Plan so geändert wird, dass Stroetmann am Ende doch noch sein E-Center bauen bzw. betreiben kann.
Wir wollen ebenfalls keine Bauruine, wir wollen nicht ewig warten, bis diese Baustelle ein Ende erfährt. Aber wir werden auch nicht nachgeben, uns für eine Gestaltung des Hansa-/Hafenviertels im Sinne der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, die die grundsätzlichen Probleme im Viertel nicht verschärft, sondern Lösungen im Sinne aller anbietet.
Deswegen richten wir die Bitte an Sie, den neuen Vorschlag abzulehnen, damit es anschließend schneller weiter gehen kann.

So sehen die möglichen Alternativen aus:

A) Die Vorlage wird von SPD, Grüne, Linke, UWG, ÖDP und Piraten abgelehnt und es gibt mit Stroetmann Verhandlungen, das Hafencenter oder neu die Markthalle aufzugeben und eine andere Planung mit Wohnen statt Einkaufszentrum in Gang setzt.
Alternativ ist denkbar, dass Stroetmann das Grundstück abgibt, es der Stadt überlässt oder einem anderen Investor, um den Bereich entsprechend neu zu entwickeln. Und hierbei geht es nicht um einen überteuerten Kauf der Stadt, sondern es geht darum, die Kosten zu ermitteln, die die Fa. Stroetmann bisher aufgewendet hat, um diese zu erstatten und dann das Gelände entsprechend den Vorgaben neu zu vermarkten. Hat schon jemand die Rechnung aufgemacht? Und ob zu den Kosten der gesteigerte Bodenwert (Kauf 2001/2002 zum heutigen Wert) auch dazu gehört, muss diskutiert werden.
Es sei immer wieder zur Klarstellung noch einmal betont, dass eine Umplanung nicht ohne den Eigentümer geht.
Bei dem Vorschlag, mehr Wohnungen auf das Gelände vom geplanten Hafencenter zu planen, geht es nicht einfach um eine Aufstockung. Wir haben immer gesagt, dass anstelle des geplanten E-Centers Wohnungen gebaut werden sollen; nicht auf das E-Center, sondern anstatt des Centers. Das ist in der bisherigen Diskussion immer durcheinander gebracht worden. Oder warum soll eine Tiefgarage, die ein Einkaufszentrum von Zigtausend Tonnen Gewicht trägt nicht genauso viele Wohnungen von Zigtausend Tonnen von der Statik her aushalten können. Oder gibt es noch andere Gründe, die dagegen sprechen?
Der Vorteil - unter der Voraussetzung, dass der Eigentümer mitmacht -, wäre der, dass so schnell wie möglich mit der neuen Bauplanung begonnen werden könnte und vielleicht schon in einem Jahr Baurecht und damit weiter gebaut werden könnte. Die Hafenvereine würden sich dann dafür einsetzten, dass keine Klagen, keine Widersprüche gegen diese Planung eingereicht würden, ohne das ausschließen zu können. Als zeitliche Zielplanung für den Weiterbau könnte der Januar 2021 oder früher fokussiert werden.

B) Alternativ gibt es folgenden Ablauf:
Die Vorlage wird am 11.12.2019 so beschlossen. Ende des Jahres bzw. Anfang Januar 2020 wird der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht.
Danach gibt es eine öffentliche Beteiligung. Der neue Offenlegungsbeschluss könnte frühestens kurz vor der Osterpause oder zwischen Ostern und der Sommerpause kommen. Dann wird es sicherlich wieder jede Menge Einwände gegen diesen Plan geben, die bearbeitet werden müssen. Der eigentliche Satzungsbeschluss wird kaum vor der nächsten Kommunalwahl zustande kommen. Da man auch nicht weiß, wie die Mehrheitsverhältnisse dann aussehen werden, ist ungewiss, wer den neuen Bebauungsplan herbeiführt und vor allem wann.
Angenommen, es gibt einen solchen Beschluss bis Ende des Jahres 2020 oder später, der dann auch veröffentlicht wird, dann werden folgende Schritte eingeleitet: Es wird dagegen eine neue Klage beim OVG Münster geben. Die Entscheidung kann dann – je nach Ergebnis wieder 2 bis 3 Jahre dauern, bis es frühestens 2023 oder 2024 einen rechtskräftigen Bebauungsplan geben kann, falls das OVG nicht wieder diesen Plan kassiert. Es ist unwahrscheinlich, dass vorher oder während dessen eine Baugenehmigung für den neuen Bau erteilt werden kann. Gegen diese besteht wiederum eine Klagemöglichkeit. Das bedeutet in der Summe - falls auch hier die Stadt und der Investor Recht bekommen sollten -, dass vor 2024 oder 2025 nicht weiter gebaut werden kann. Solange bleibt die Baustelle erhalten.
Dieses erfolgt in der Logik der bisherigen Rechtsprechung und geschieht mit dem Anspruch, dieser angemessen zu folgen. Es steht daher nicht in der Tradition, durch Klagen das Verfahren aufzuhalten bzw. reine Obstruktion zu betreiben. Da eben die bisherige Rechtsprechung unsere Einwände bestätigt hat, gehen wir davon aus, dass es auch so bleiben wird. Nicht wir, sondern das OVG Münster hat den Baustopp verfügt. Dies nicht zu berücksichtigen, ist fahrlässig oder sogar grob fahrlässig. Einer solchen Fahrlässigkeit würden sich die Unterstützer des bisherigen Vorschlags und der neuen Vorlage schuldig machen.
Für die stillgelegte Baustelle übernehmen wir keine Verantwortung. Wir wollen keine Bauruine, wir wollen nichts an die Wand fahren, sondern wir wollen, dass so schnell wie möglich weiter gebaut werden kann. Das setzt aber voraus, dass im Sinne der Bürgerinnen und Bürger im Hansa-/Hafenviertel eine Lösung gefunden wird, für das die Lösung A die Grundlage bietet.
Von daher die Bitte an die SPD: Sagen Sie, sagt nein zu dem neuen Plan.

Rainer Bode, Initiative Zukunft Hafen; Thomas Krabbe, Mehr Lebensqualität für das Hansa- und Hafenviertel“e.V.; Münsters Warendorfer Straße e.V.
Wolfgang Becker, Meppener Str.; Wolfgang Bensberg, Greifswaldweg, Münster gehört uns Allen (MSguA); Pia Dransmann, Viertelbewohnerin; Anne Drepper und Frank Schröder, Slickertann Naturkost GbR; Ulla Fahle, Gremmendorfer Weg; Amira Hammami & Stephan US, Lulu banal - die mobile Koch-Kunst-Küche, Münster; Ralf Hielscher, Schillerstr.; Rita Hemsing-Huesmann, Papenburger Str. Platanenpower; Friedhelm Honecker, Schillerstraße; Winny Huesmann, Papenburger Str., Platanenpower; Gisela Knels, Niedersachsenring; Sarah Koska, Leerer Str.; Tim Lautner, Margaretenstraße; Birgit Leonhard, Weißenburgstraße; Christian Luttermann, Wolbecker Straße; Timm C. Richter, Hansaring, Platanenpower"; Ivo Schweikhart, Hansaring; Gudrun Tönnes, Friedensstraße; Joachim Wirmer, Ewaldistraße

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