Großer Erfolg: "Flurstücke 019" in Münster

Über 30.000 Menschen erleben das viertägige Festival am Wochenende in Münster.

© Ralf Emmerich

Das Wetter war ideal am Wochenende, viele Openair Veranstaltungen haben zehntausende Münsteraner nach draußen auf die Straßen gelockt.

Über 30.000 waren es bei den Flurstücken 019, mit Tanzaufführungen, Filmen und Performances, etwa mit Trommeln auf alten Fässern, einer aufblasbaren Riesenmarionette oder einem Kurzen Musikstück im Preußenstadion, das zum Sonnenuntergang gespielt wurde.

Am Samstag haben rund 80 Bands und Musiker bei der ersten Hälfte der Grünflächenunterhaltung die Promenade zur wohl längsten Open Air Bühne der Welt gemacht, sie spielten nahezu jede musikalisch denkbare Facette umsonst und draußen. Und am Sonntag Mittag bebte der Prinzipalmarkt: zum Höhepunkt der Motoradtage fuhren am Mittag rund 900 schwere Motorräder über den Münsters gute Stube, dort nahm Bürgermeisterin Beate Vilhjalmsson die Siegerehrung der Veranstaltung vor.


Theater Titanick & Bodytalk© Ralf Emmerich
Theater Titanick & Bodytalk
© Ralf Emmerich

Die Stadt wird zur Bühne

Anknüpfend an die Ausgaben 2011 und 2015 mit zusammen über 50.000 Besuchern setzen die Kuratoren der FLURSTÜCKE 019 ihr erfolgreiches Konzept fort. Die FLURSTÜCKE 019 haben die Stadt zur Bühne gemacht und behaupteten den öffentlichen Raum als demokratischen Kunstort, als eine der Gesamtgesellschaft gehörende Plattform der Begegnung.

Münster ist dafür ein ideales Laboratorium, die Interventionen der FLURSTÜCKE 019 geschehen auf einer Fläche von überschaubarer Größe. Hier kann besser als in einer Metropole erprobt werden, wie sich Kunst in ein jedem zugängliches städtisches Gefüge einzubringen vermag, das gewohnte Bild und seine Wahrnehmung jedenfalls auf Zeit verändern kann, mehr oder minder zufällige Betrachter irritiert oder begeistert werden.

Angie Hiesl + Roland Kaiser (Köln)© flurstuecke.com
Angie Hiesl + Roland Kaiser (Köln)
© flurstuecke.com

Und doch wiesen die FLURSTÜCKE 019 als Angebot an eine Stadtgesellschaft über Münster hinaus. Sie zeigten, dass es öffentliche Poesie und ihr gemeinschaftliches Erleben geben kann, kulturell barrierefrei und divers, intellektuell anspruchsvoll oder intensiv emotional oder alles zusammen. In jedem Fall aber verfolgte das Festival eine zutiefst inklusive Mission: Jeder kann, soll und darf dabei sein.

Alle darstellenden Künste vertreten

Für dieses Erlebnis hatten die Kurator*innen der FLURSTÜCKE 019 ein Programm entwickelt, das alle Sparten der darstellenden Künste einbezog: Theater, Tanz, Film und Performance.

Gütesiegel Kultur* aka Stefanie Oberhoff (D) in Koproduktion mit Snuff Puppets (AUS), Espace Masolo (DRC), Theater im Pumpenhaus (Münster)© Oliver Röckle
Gütesiegel Kultur* aka Stefanie Oberhoff (D) in Koproduktion mit Snuff Puppets (AUS), Espace Masolo (DRC), Theater im Pumpenhaus (Münster)
© Oliver Röckle

Clair Howells und Uwe Köhler (Theater Titanick), Ludger Schnieder (Theater im Pumpenhaus), Winfried Bettmer (Filmwerkstatt Münster) und Merle Radtke (Kunsthalle Münster) sind gemeinschaftlich verantwortlich für das Festival. Auch dieses Zusammenwirken von vier unterschiedlichen Kulturträgern ist außergewöhnlich. Denn alle haben ihren speziellen Blickwinkel auf die Kunst eingebracht, wodurch sich eine extreme Bandbreite künstlerischer Projekte ergab.

Benjamin Vandewalles Produktion "Walking the Line"© Ralf Emmerich
Benjamin Vandewalles Produktion "Walking the Line"
© Ralf Emmerich

Auch im Preußenstadion und im Hafen

Ein gutes Dutzend Interventionen haben dem Stadtraum von Münster während des Festivals eine besondere Atmosphäre verliehen. Alle Produktionen waren dem Ort, an dem sie stattgefunden haben, angepasst. Einige, wie die Audio-Performance "The Curve" von Adrian Williams im Preußenstadion oder die performative Installation "N1cHt Hi3r" von Tim Gorinski und Paul Faltz im Stadthafen I, waren direkte ortsspezifische Interventionen und wurden speziell für den jeweiligen Schauplatz entwickelt. Andere, wie "PUNCH AGATHE MUENSTER MASH", mit der 16 Meter hohen Riesenpuppe der Figurenspielerin Stefanie Oberhoff, oder "Block" der britischen Compagnien NoFit State Circus und Motionhouse mit ihrer Fusion aus Tanz und neuem Zirkus, hatten Straßen, Parks und Plätze für installative Parcours. Kleinere Projekte, wie "Boot" von Vincent de Rooij oder "Zungenbrecher - Die Geste des Sprechens" von Friederike Koch und Christof Debler forderten das Publikum zu Beteiligung und Interaktion auf.

Motionhouse and NoFit State Circus (GB)© Dan Tucker
Motionhouse and NoFit State Circus (GB)
© Dan Tucker

Am Prinzipalmarkt, seit Jahrhunderten die bürgerlich gute Stube im Herzen der Stadt des Westfälischen Friedens, hat sich "BIVOUAC" der französischen Gruppe Générik Vapeur den öffentlichen Raum auf besonders intensive Weise angeeignet. Drei Musiker und 15 Komödianten tobten mit 102 großen Blechfässern durch die Straßen: schnell, wild und laut. Die längst legendäre anarchische Performance ist ein donnerndes Fanal der Freiheit für alle, für den Abbau von Grenzen und Schranken, gerade auch im 30. Jahr des Falls der Berliner Mauer.

Générik Vapeur (F)© David Street
Générik Vapeur (F)
© David Street

Die zunächst für den Domplatz vorgesehene Produktion "Place des Anges" war aus logistischen Gründen für diese Edition der Flurstücke nicht zu realisieren, bleibt aber weiter in der Planung für kommende Ausgaben.

Ka’et Dance (ISR)© flurstuecke.com
Ka’et Dance (ISR)
© flurstuecke.com

Veranstalter der FLURSTÜCKE 019 sind das Theater im Pumpenhaus und die Filmwerkstatt Münster in Kooperation mit der Stadt Münster.

Weitere Infos auf der Homepage des Festivals.

Das Plakat zum Festival© flurstuecke.com
Das Plakat zum Festival
© flurstuecke.com

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